Die Rückgewinnung lebenswichtiger Rohstoffe rückt zunehmend in den Fokus, nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die neue mobile Anlage zur Phosphorrückgewinnung von SF-Soepenberg in Hünxe. Das Unternehmen setzt auf das eigens entwickelte chemische Verfahren „iPhos“ zur Auflösung von Eisenphosphaten aus Klärschlamm. Dieses wird durch präzise und robuste Messtechnik von Jumo unterstützt. Das Projekt zeigt, wie zukunftsfähige Umwelttechnologie und moderne Sensorik Hand in Hand gehen.
Warum Phosphor so wertvoll ist
Phosphor ist ein essenzieller Nährstoff für das Pflanzenwachstum und damit ein Grundpfeiler der weltweiten Lebensmittelproduktion. Da die natürlichen Phosphorvorkommen begrenzt und zudem geopolitisch ungleich verteilt sind, gewinnt die Rückgewinnung von Phosphor zunehmend an Bedeutung. Deutschland ist vollständig auf Importe angewiesen, was Abhängigkeiten schafft. Die Bundesregierung reagierte mit einer klaren Vorgabe: Die überarbeitete Klärschlammverordnung verpflichtet Betreiber größerer Kläranlagen ab dem Jahr 2029 zur Rückgewinnung von Phosphor, sofern der Gehalt im Klärschlamm über zwei Prozent im Trockensubstrat liegt. Ziel ist es, Nährstoffkreisläufe zu schließen, die Umwelt zu entlasten und die Versorgung langfristig zu sichern.
Mobil, modulares und ressourcenschonendes Verfahren zur Phosphorrückgewinnung
Die mobile Phosphorrückgewinnungsanlage von SF-Soepenberg basiert auf einem neuartigen Verfahren. Dieses kommt vor Ort auf der Kläranlage zum Einsatz, ohne aufwendige Transporte oder energieintensive Verbrennung. Durch gezielte chemische Reaktionen wird der im Schlamm gebundene Phosphor aus schwerlöslichen Eisenphosphaten gelöst und einer weiteren Nutzung zugeführt.
Der Ablauf gliedert sich in mehrere Prozessschritte:
Schlammentnahme: Der Überschussschlamm wird direkt aus der Nachklärung oder dem Faulturm entnommen.
Säuredosierung: Schwefelhaltige Reduktionsmittel senken den pH-Wert, wodurch der Phosphor in Lösung gebracht wird.
Reduktionsphase: In einem Mischer oder einer Reaktionsleitung erfolgt die Mobilisierung des Phosphors in die flüssige Phase.
Reaktionsphase: Durch Zugabe von Natriumsulfit wird der pH-Wert wieder angehoben. Flockungshilfsmittel unterstützen anschließend die Trennung von Feststoffen und Flüssigkeit.
Fest-Flüssig-Trennung: Ein Bandeindicker trennt das phosphatreiche Filtrat vom Feststoffanteil.
Phosphatfällung: Im letzten Schritt wird der gelöste Phosphor gezielt als Struvit oder Calciumphosphat ausgefällt.
Der gesamte Prozess ist so konzipiert, dass bis zu 90 Prozent des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors zurückgewonnen werden können. Damit bietet das Verfahren nicht nur ökologische Vorteile, sondern reduziert auch die Entsorgungskosten gegenüber einer thermischen Monoverbrennung deutlich. Gleichzeitig sinkt die CO2-Bilanz durch kürzere Transportwege und niedrigeren Energieeinsatz.
Messtechnik von Jumo macht Phosphorrückgewinnung möglich
Ein solch präziser chemischer Prozess erfordert zuverlässige und intelligente Sensorik. Als System- und Lösungsanbieter stellt Jumo nicht nur einzelne Messgeräte, sondern bietet ein ganzheitliches Konzept zur Prozessüberwachung an die implementierte Prozesssteuerung in einem der beiden Lkw-Auflieger. In der Anlage von SF-Soepenberg sind verschiedene Sensoren entlang des gesamten Rückgewinnungsprozesses verbaut. Dazu zählen auch zwei Produktneuheiten, die für zusätzliche Sicherheit und Genauigkeit sorgen.
Druckmessumformer „Jumo Delos S02“
Dieser leistungsfähige Druckmessumformer misst zuverlässig den Druck an kritischen Stellen im Prozess, etwa an Pumpen oder in Reaktionsbehältern. Der „Jumo Delos S02“ überzeugt durch höchste Messgenauigkeit, exzellente Langzeitstabilität und eine intuitive Bedienung per Bluetooth. Sein drehbares Display ermöglicht eine flexible Ausrichtung, ideal bei beengten Platzverhältnissen oder wechselnden Einbaulagen. Darüber hinaus ist eine direkte Anbindung an Cloud-Systeme möglich, was eine einfache Integration in moderne Industrie-4.0-Umgebungen unterstützt. Damit eignet sich das Gerät perfekt für den Einsatz unter anspruchsvollen Bedingungen und bietet ein Höchstmaß an Prozesssicherheit bei gleichzeitig hoher Benutzerfreundlichkeit.
- Grenzstandmelder „Jumo Zelos C01 LS“
Mit seiner kapazitiven Messmethode erkennt der kompakte „Jumo Zelos C01 LS“ zuverlässig Füllstände von Flüssigkeiten oder anderen Medien. Er bietet eine hohe chemische Beständigkeit, flexible Einbaulagen und nutzt moderne IO-Link-Technologie für eine einfache Einbindung in die digitale Prozesswelt. Medienberührte Teile bestehen aus Peek, was eine exzellente Beständigkeit gegenüber aggressiven Medien sicherstellt. Zur zusätzlichen Ausstattung zählen serienmäßig eine einzigartige Auto-Kalibrierfunktion, Kurzschluss- und Verpolungsschutz sowie eine 360-Grad-Statusanzeige nach NE107. Die Kommunikation erfolgt über IO-Link oder PNP, NPN, Push-Pull. Der Sensor ist für Medientemperaturen von minusplus 40 bis +200 Grad Celsius ausgelegt, abhängig von der jeweiligen Ausführung.
Weitere eingesetzte Jumo-Komponenten sind pH- und Redox-Sensoren zur Überwachung der chemischen Reaktionen, Temperaturfühler, Füllstandssensoren und Messumformer zur Umwandlung der Signale. Damit liefert Jumo die zentrale Sensorik für einen stabilen und effizienten Anlagenbetrieb. Diese ist abgestimmt auf die individuellen Anforderungen der mobilen Rückgewinnungslösung.
Fazit: Nachhaltige und effiziente Phosphorrückgewinnung mit System
Die neuartige Phosphorrückgewinnungsanlage der SF-Soepenberg zeigt, wie eine technisch anspruchsvolle Herausforderung in ein ökologisch und wirtschaftlich überzeugendes Konzept überführt werden kann. Mit Jumo als Systemlieferant für präzise Sensorik und intelligente Messtechnik ist der Weg frei für eine sichere, modulare und zukunftsfähige Lösung im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Die Kombination aus neuer Verfahrenstechnik und intelligenter Sensorik von Jumo zeigt, dass moderne Umwelttechnik heute flexibel, effizient, digital ist und damit und bereit für die Herausforderungen von morgen.
Autor
Björn Seling, Außendienst bei Jumo