Produktion, Erzeugerpreise und Umsatz sinken
VCI: Stimmung der Pharma- und Chemieindustrie sinkt im dritten Quartal 2024
Montag, 18. November 2024
| Redaktion
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Entwicklung der Pharma- und Chemieproduktion
Entwicklung der Pharma- und Chemieproduktion, Bild: VCI nach Quellen von Destatis und VCI

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat nach Angaben des Branchenverbandes VCI im dritten Quartal 2024 einen kräftigen Dämpfer erhalten. Die erhoffte Erholung der Chemienachfrage im In- und Ausland blieb aus. Durch eine gedrosselte Industrieproduktion sank auch die Nachfrage nach chemischen Produkten. Hinzu kam ein schwaches Pharmageschäft auf den Auslandsmärkten. Vor diesem Hintergrund passt der VCI seine Wachstumsprognose an. Der Verband erwartet für das Gesamtjahr statt eines leichten Wachstums nun einen Rückgang des Branchenumsatzes um zwei Prozent. Insgesamt tritt die deutsche Wirtschaft weiter auf der Stelle und die Stimmung in den Unternehmen könnte schlechter kaum sein. Der Ausblick auf die kommenden Monate ist daher wenig hoffnungsvoll.

Erzeugerpreise sinken leicht und Umsatz fällt deutlich gegenüber Vorquartal

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup erklärt zur Lage der Branche: „Unsere Industrie befindet sich in einer schweren Rezession. Die Nachfrage nach chemischen Produkten sinkt weiter, auch das Pharmageschäft schwächelt. Die Auslastung in unseren Betrieben hangelt sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt. Eins ist klar: Die Krise ist weitgehend hausgemacht. Wir haben große strukturelle Probleme in Deutschland, die für unsere Industrie und unser Land immer mehr zur Last werden. Denn die Bedeutung einer starken Wirtschaft für Wohlstand, Sicherheit und politische Stabilität ist gewaltig. Das Fundament des Standorts ist nach wie vor gut, aber an vielen Stellen ist der Lack ab und es korrodiert. Da lässt sich mit Farbe nichts mehr übertünchen. Wir müssen an die Substanz. Unsere Industrie braucht daher zeitnah niedrige Energiepreise, ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, schnellere Genehmigungen sowie weniger Bürokratie und Regulierung aus Brüssel. Auch mit Blick auf die USA muss eine neue Bundesregierung nun dringend für bessere Rahmenbedingungen sorgen.“

Umsatzentwicklung der Pharma- und Chemieindustrie im Einzelnen

Die Hoffnung auf eine Belebung des Inlandsabsatzes hat sich im dritten Quartal nicht erfüllt. Nahezu alle wichtigen Abnehmerbranchen drosselten im Herbst ihre Produktion. Auch im Baugewerbe standen die Zeichen auf Rezession. Aufgrund der düsteren Aussichten wurden bei den Kunden auch keine Lagerbestände aufgebaut. Entsprechend schwach war die inländische Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen. Die Inlandsbestellungen brachen ein. Der Inlandsumsatz sank im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten saisonbereinigt um 1,8 Prozent auf 19,1 Milliarden Euro. Mit Ausnahme der Anorganika mussten alle Chemiesparten Umsatzeinbußen hinnehmen.

Anders sah es bei den Pharmazeutika aus. Hier wurde das Vorquartal deutlich übertroffen. Auch im Zwölfmonatsvergleich lagen die Pharmaumsätze höher. Dies reichte jedoch nicht aus, um den Inlandsumsatz insgesamt über das Vorjahresniveau zu heben. Der Inlandsumsatz der Branche verfehlte das Vorjahresniveau um 1,4 Prozent.

Das Geschäft mit ausländischen Kunden verlief für die Branche auch im dritten Quartal enttäuschend. Der Auslandsumsatz blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Neben der Nachfrageschwäche belastete die deutlich verschlechterte preisliche Wettbewerbsfähigkeit das Exportgeschäft. Mit einem Auslandsumsatz von rund 32 Milliarden Euro wurde das Vorquartal saisonbereinigt um 2,9 Prozent verfehlt. Auch im Zwölfmonatsvergleich war der Umsatz mit ausländischen Abnehmern um 1,9 Prozent niedriger. Besonders stark waren die Rückgänge erneut im Pharmageschäft. Aber auch die meisten Chemiesparten mussten Umsatzrückgänge im Auslandsgeschäft hinnehmen.

In nahezu allen Regionen war der Umsatz im dritten Quartal rückläufig. Im wichtigsten Markt Europa lag der Auslandsumsatz deutlich unter dem Niveau des Vorquartals. Auch in der EU wurde das Vorjahresniveau nicht erreicht. Im übrigen Europa war die Entwicklung leicht besser als im Vorjahr. Im Europageschäft brach insbesondere der Umsatz mit Pharmazeutika ein. Aber auch das Chemiegeschäft war rückläufig.

Ausblick: Produktionswachstum von zwei Prozent erwartet

Für das Gesamtjahr rechnet der VCI nur noch mit einem Produktionswachstum von zwei Prozent. Der Branchenumsatz wird in diesem Jahr voraussichtlich um zwei Prozent sinken. Sowohl das Inlands- als auch das Auslandsgeschäft sind rückläufig.

Zahlen für die Pharma- und Chemieindustrie im Überblick

  • Die Produktion sank im Vergleich zum Vorquartal um 2,7 Prozent. Sie erreichte damit nur das niedrige Vorjahresniveau. Auch die Kapazitätsauslastung ging weiter zurück und lag zuletzt mit 74,8 Prozent unter der Gewinnschwelle. 
  • Die schwache Nachfrage und sinkende Rohstoffkosten ließen die Erzeugerpreise im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent sinken. Damit waren chemische und pharmazeutische Erzeugnisse um 0,3 Prozent billiger als ein Jahr zuvor.
  • Der Gesamtumsatz der Pharma- und Chemieindustrie sank saisonbereinigt deutlich um 2,5 Prozent auf insgesamt 51,1 Milliarden Euro. Auch das Vorjahresniveau wurde mit einem Minus von 1,8 Prozent deutlich verfehlt.
  • Die schlechte konjunkturelle Lage in der Chemie spiegelt sich in rückläufigen Beschäftigtenzahlen wider. Aufgrund von Zuwächsen im Pharmabereich bleibt die Zahl der Arbeitsplätze in der chemisch-pharmazeutischen Industrie mit rund 479.500 Beschäftigten aber insgesamt auf einem hohen und stabilen Niveau.

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