VCI, VDMA und IGBCE beurteilen US-EU-Zollvereinbarung für die Chemieindustrie
Dienstag, 29. Juli 2025
| Redaktion
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Dr. Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie.
Dr. Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie, Bild: VCI / Thomas Lohnes

Der am Wochenende ausgehandelte Deal zur Zollvereinbarung zwischen der EU und den USA hat Auswirkungen auf die Chemieindustrie in Deutschland. Verbände und Gewerkschaften sehen den neuen Zöllen in Höhe von 15 Prozent mit gemischten Gefühlen entgegen. Der VCI begrüßt, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump die Gefahr eines Handelskriegs vorerst abgewendet haben. VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup erklärt: „Wer mit einem Hurrikan rechnet, ist für ein Unwetter dankbar. Eine weitere Eskalation konnte vermieden werden. Trotzdem ist der Preis für beide Seiten hoch. Europas Exporte verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Die US-Kunden zahlen die Zölle.“ Aus Sicht der Chemie ist die Grundsatzvereinbarung, die noch im Detail zu analysieren ist, nur die Basis für einen Prozess zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen.

VCI beurteilt Zollvereinbarung von 15 Prozent als zu hoch

Der VCI-Hauptgeschäftsführer betont: „Die vereinbarten Zölle sind aus Sicht der Chemie zu hoch. Zugleich ist aber gut, dass noch höhere Zölle vermieden wurden. Jetzt muss die Bundesregierung noch konsequenter agieren, um diesen zusätzlichen Ballast zu kompensieren.“ Die Chemie mit ihren unzähligen Produkten sei der Möglichmacher für alle anderen Industrien. Dies gelte sowohl in den USA als auch in der EU. „Wichtig ist jetzt, dass die Chemie-Zölle in den USA und der EU in weiteren Verhandlungen wieder deutlich abgesenkt werden. Dies würde die Reindustrialisierung und Transformation der Industrie beiderseits des Atlantiks erleichtern“, so Große Entrup.

VDMA kritisiert pauschalen Zollsatz für Maschinenimporte in die USA

Zur Einigung der EU mit den USA im transatlantischen Zollstreit sagt VDMA-Präsident Bertram Kawlath: „Es ist gut und wichtig, dass die Europäische Kommission mit der Trump-Regierung eine Einigung im Zollstreit erzielt hat, die kurzfristig Planungssicherheit schafft und einen unkalkulierbaren Handelskrieg abwendet. Denn die völlige Unvorhersehbarkeit der vergangenen Monate hat zu einer weit verbreiteten Zurückhaltung auf dem US-Markt und weltweit für europäische Maschinen geführt. Richtig und gut ist auch, dass die EU offenbar von schmerzhaften Gegenzöllen auf amerikanische Importe Abstand genommen hat, von denen viele mittelständische Industrieunternehmen abhängig sind.“

Dennoch sei laut Kawlath ein pauschaler Zollsatz von 15 Prozent für Maschinenimporte in die Vereinigten Staaten eine bedauerliche Entwicklung. Diese werde insbesondere die amerikanischen Hersteller belasten, genau jene Akteure, die die Trump-Regierung eigentlich fördern möchte. Denn praktisch jeder amerikanische Fertigungssektor sei auf europäische Maschinenimporte angewiesen. Dies werde auch so bleiben, selbst wenn Maschinenbaufirmen aus Europa weiterhin in den USA investieren. „Der VDMA fordert die EU und die Vereinigten Staaten nachdrücklich auf, dieses Abkommen nicht als ,neue Normalität' zu betrachten, sondern als Kehrtwende weg von der Sackgasse eskalierender Zölle und Handelsbarrieren, die den Wohlstand untergraben und Innovationen behindern. Zielbild müssen internationale Arbeitsteilung und Freihandel sein“, erklärt der VDMA-Präsident abschließend.

IGBCE zu Zollvereinbarung: „Niemand in der EU kann damit glücklich sein, nur weniger unglücklich"

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft IGBCE und Präsident des Verbunds europäischer Industriegewerkschaften „IndustriAll-Europe“, kommentiert die Zollvereinbarung von EU und USA: „Der Zoll-Kompromiss von EU und USA ist aus europäischer Perspektive eher eine ökonomische und politische Schadensbegrenzung als eine strategische Neuordnung der Handelsbeziehungen. Die Politik der US-Administration bleibt unverständlich, auch für die Menschen in den USA. In der EU kann niemand mit diesem Ergebnis glücklich sein, nur weniger unglücklich, angesichts der von Trump ursprünglich in Aussicht gestellten Zölle.“

Eine Verdreifachung des Basiszolls werde negative Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks haben und Arbeitsplätze kosten. Es sei eine zusätzliche Last für die heimische Industrie und ihre Beschäftigten. Europas Wohlstandsmotor befinde sich bereits im Zangengriff aus Absatzschwäche, hohen Energie- und CO2-Kosten und Dumping-Importen aus China. Der Deal mit den USA werde den Turnaround nochmals erschweren. Vassiliadis weiter: „Vor dem Hintergrund werden wir die Zusicherung der EU, in den USA 600 Milliarden Dollar zu investieren, besonders kritisch hinterfragen. Wir brauchen jeden Cent, um Europas Industrie zu transformieren und zu modernisieren. Jeder Investitionsmaßnahme, die am Ende zu einer Abwanderung von Kapazitäten in die USA führt, werden wir entschlossen gegenübertreten.“

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