Bericht der Branche zum ersten Quartal 2025
VCI: Deutsche Pharma- und Chemieindustrie steigert Produktion zu Jahresbeginn
Dienstag, 20. Mai 2025
| Redaktion
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Entwicklung der Produktion der Pharma- und Chemieindustrie  im ersten Quartal 2025
Entwicklung der Produktion der Pharma- und Chemieindustrie im ersten Quartal 2025, Bild: VCI

Die deutsche Pharma- und Chemieindustrie ist besser als erwartet in das neue Jahr gestartet. Sowohl bei der Produktion als auch beim Umsatz legte die Branche gegenüber dem schwachen Vorquartal deutlich zu. Mit diesem Zwischenspurt machte die chemisch-pharmazeutische Industrie den konjunkturellen Einbruch der Vormonate wieder wett. Der Aufschwung erfasste nahezu alle Sparten und wurde von einem stärkeren Inlands- und Auslandsgeschäft getragen. Vor diesem Hintergrund verbesserte sich zuletzt auch die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage.

Talfahrt gestoppt: Produktion zu Jahresbeginn wieder gestiegen

Die Produktion der deutschen Pharma- und Chemieindustrie ist im ersten Quartal des Jahres kräftig gestiegen. Im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten betrug das Plus saisonbereinigt 6,7 Prozent. Im Zwölfmonatsvergleich stieg die Produktion um 0,6 Prozent. Zu dieser positiven Entwicklung trugen verschiedene Effekte bei. Die Talfahrt der deutschen und europäischen Industrie konnte gestoppt werden. Einige Abnehmerindustrien weiteten ihre Produktion aus und fragten mehr Chemikalien nach. Auch Vorzieheffekte angesichts drohender Zölle im US-Geschäft spielten eine Rolle. Vor allem die Pharmahersteller weiteten Produktion und Absatz massiv aus. Während der Produktionszuwachs in der Chemie noch nicht ausreichte, um das Vorjahresniveau zu übertreffen, lag die Pharmaproduktion im ersten Quartal deutlich über dem Vorjahresniveau. Auch die Kapazitätsauslastung der Branche nahm kräftig zu. Mit einem Wert von 78,2 Prozent blieb die Auslastung unter dem langjährigen Durchschnitt und auch unter der Gewinnschwelle von rund 82 Prozent.

Chemiemärkte verzeichnen geringe Dynamik bei hoher Unsicherheit

Zu Jahresbeginn setzte die Weltwirtschaft ihren moderaten, aber stetigen Wachstumstrend fort. Allerdings blieb die Dynamik mit einem Anstieg des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal im Vergleich zu den Vorjahren verhalten. Etwas deutlicher konnte die globale Industrieproduktion zu Jahresbeginn wieder an Fahrt gewinnen. In der EU hat sich das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal zwar leicht beschleunigt. Insgesamt blieb die Wachstumsdynamik aber moderat. Das europäische BIP stieg um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Wirtschaft in den USA ist zu Jahresbeginn leicht geschrumpft. Hingegen konnte die Industrieproduktion deutlich zulegen. Die chinesische Wirtschaft zeigte sich im ersten Quartal des Jahres weiter robust und wuchs um 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Industrieproduktion nahm weiter kräftig zu.

Erzeugerpreise für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse steigen

Zum Vorquartal stiegen die Preise für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse im ersten Quartal um 0,6 Prozent. Steigende Energie- und Rohstoffkosten sowie hohe sonstige Kosten erhöhten den Preisdruck. Eine verbesserte Nachfragesituation ermöglichte Preiserhöhungen. Mit Ausnahme der Polymere stiegen die Erzeugerpreise in allen Bereichen. Auch im Vergleich zum Vorjahr lagen die Erzeugerpreise in allen Sparten mit Ausnahme der Polymere höher.

Pharmaumsätze im In- und Ausland beflügeln Branchenumsatz

Insgesamt stieg der Umsatz der chemisch-pharmazeutischen Unternehmen im ersten Quartal des Jahres saisonbereinigt um 4,4 Prozent auf insgesamt 54,8 Milliarden Euro. Zum ersten Mal seit langem konnten alle Branchen auch gegenüber den Vormonaten ein Umsatzplus verbuchen. Allerdings fiel die Bilanz im Jahresvergleich weniger rosig aus. Zwar lag der Branchenumsatz erstmals seit zwei Jahren wieder über dem Vorjahresniveau. Dies war jedoch in erster Linie auf das starke Umsatzwachstum der Pharmaindustrie zurückzuführen. Die Chemieumsätze insgesamt blieben knapp unter dem Vorjahresniveau. Lediglich bei den Anorganika und den Wasch- und Körperpflegemitteln konnte ein Plus erzielt werden.

Das Inlandsgeschäft erholte sich deutlich. Gegenüber dem schwachen Vorquartal stieg der Inlandsumsatz saisonbereinigt um 4,3 Prozent. Dabei war die Entwicklung uneinheitlich. Alle Branchen profitierten von der anziehenden inländischen Industriekonjunktur, der Erholung im Baugewerbe und einer verbesserten Nachfrage. Erstmals überschritt der Inlandsumsatz die Marke von 20 Milliarden Euro. Das Vorjahresniveau wurde um 2,2 Prozent übertroffen. Lediglich die Polymere sowie die Fein- und Spezialchemikalien verfehlten ihr Vorjahresniveau deutlich.

Auch das Geschäft mit ausländischen Kunden entwickelte sich positiv. Getrieben wurde die positive Entwicklung hier allerdings vor allem vom Pharmageschäft. Die Auslandsumsätze mit pharmazeutischen Erzeugnissen legten im März kräftig zu und übertrafen das Vorquartal um mehr als zwölf Prozent. Dabei dürfte es sich zu einem großen Teil um Vorzieheffekte angesichts drohender Handelskriege handeln. Doch auch in der Chemie lief das Auslandsgeschäft im ersten Quartal gut. In Summe stieg der Auslandsumsatz saisonbereinigt um 4,5 Prozent auf insgesamt 34,8 Milliarden Euro. Damit konnte das Vorjahresniveau um 1,6 Prozent übertroffen werden.

Anziehende europäische Industriekonjunktur führt zu höherer Chemienachfrage

Erstmals seit längerer Zeit konnte das Geschäft in allen großen Regionen wieder deutlich ausgeweitet werden. Die anziehende Industriekonjunktur führte in Europa zu einer höheren Nachfrage nach Chemikalien. Auch in den europäischen Nachbarländern konnten wieder deutlich mehr Pharmazeutika „Made in Germany“ abgesetzt werden als in den Vormonaten. Insgesamt reichten die Zuwächse im Europageschäft im ersten Quartal aber noch nicht aus, um das Vorjahresniveau zu übertreffen. Anders in Nordamerika: Hier legte der Branchenumsatz deutlich zu und übertraf ebenfalls das Vorjahresniveau. Teilweise dürfte das Wachstum aber auch auf das Auffüllen der Lager vor einem möglichen Handelskrieg zurückzuführen sein. Das Chemiegeschäft mit Asien erholte sich nach einem schwachen Jahr 2024 wieder. Die Pharmageschäfte mit der Region blieben bei hoher Volatilität gut. Damit stiegen die Auslandsumsätze der Branche mit Asien insgesamt weiter an.

Ausblick: Erholung der deutschen Pharma- und Chemieindustrie bleibt unsicher

Die deutsche Pharma- und Chemieindustrie ist besser in das neue Jahr gestartet als zunächst erwartet. In einem nach wie vor schwierigen Umfeld konnte die Branche Produktion und Umsatz gegenüber dem schwachen Vorquartal deutlich steigern. Ungetrübt war die Lage jedoch nicht. Die verbesserte Auslastung der Anlagen lag aber weiterhin deutlich unter der Gewinnschwelle. Angesichts dieser Entwicklungen hat sich die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage laut Ifo-Konjunkturtest zuletzt verbessert, von einer guten Lage sprechen die Unternehmen aber mehrheitlich noch nicht.

Die Unternehmen gehen nicht von einer Trendwende aus. Zuletzt haben sich die Geschäftserwartungen eingetrübt. Viele Unternehmen der Pharma- und Chemieindustrie befürchten negative Auswirkungen der unsteten Zollpolitik der US-Administration. Zudem könnten chinesische Waren, die für den Export in die USA bestimmt sind, verstärkt nach Europa umgeleitet werden, was den Importdruck erhöhen würde. Aufgrund der Turbulenzen rechnen die Unternehmen nach einem positiven Jahresauftakt für die kommenden Monate eher mit rückläufigen Geschäften.

Man setzt die Hoffnung auf die Entwicklung im Inland. Deutschland hat endlich wieder eine stabile und handlungsfähige Regierung. Wenn es dieser gelingt, die strukturellen Probleme zügig anzugehen, könnte dies neue Zuversicht und Wachstumspotenziale freisetzen. Mit Blick auf die deutsche Wirtschaft insgesamt sind sich die Institute weitgehend einig. Aufgrund der Abkühlung der Weltkonjunktur und des Welthandels dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr noch stagnieren. Erst ab 2026 würden die erwarteten expansiven Impulse der Fiskalpolitik das Wachstum anschieben. Dann aber trauen einige Institute der deutschen Wirtschaft ein Wachstum von über zwei Prozent zu.

VCI prognostiziert ein Prozent Umsatzrückgang für die Pharma- und Chemieindustrie

Trotz des guten Jahresauftakts hält der VCI an seiner Prognose für das Geschäftsjahr 2025 fest: Für die Produktion der Pharma- und Chemieindustrie geht der Verband weiterhin von einer Stagnation aus. Dabei wird die Chemieproduktion voraussichtlich zurückgehen. Das Plus in der Pharmaindustrie kann das Minus in der Chemie nicht ausgleichen. Insgesamt dürfte der Branchenumsatz in diesem Jahr um ein Prozent auf rund 221 Milliarden Euro sinken.

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