
Die VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (kurz: AGAB) hat ihren Lagebericht 2024/2025 mit dem Titel „Großanlagenbau - Schlüsselindustrie der globalen Transformation“ vorgelegt. Ihre Mitgliedsunternehmen in Deutschland und Österreich verzeichneten 2024 einen Auftragseingang von 25 Milliarden Euro. Das entspricht einem nominalen Plus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau von 24,7 Milliarden Euro. Höhere Auftragseingänge gab es zuletzt im Rekordjahr 2008. Der Zuwachs resultiert vor allem aus zahlreichen Großprojekten, die von Kunden aus der chemischen Industrie, aber auch aus der Energiewirtschaft sowie der metallurgischen Industrie in Auftrag gegeben wurden.
„Neben dem Einsatz innovativer Technologien bei der Abwicklung von Projekten hat vor allem die strategische Ausrichtung der Unternehmen auf neue Märkte und nachhaltige Lösungen zu diesem Bestellanstieg beigetragen“, erläutert Jürgen Nowicki, Vorsitzender der AGAB und CEO von Linde Engineering. „Wir sehen jedoch, dass der Druck im internationalen Wettbewerb angesichts der geopolitischen Dynamik und der fortschreitenden wirtschaftlichen Transformation stark zunimmt. Daher appellieren wir an die Politik, durch grundlegende Reformen, insbesondere einem konsequenten Bürokratieabbau, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa zu stärken.“
Bestellungen aus Deutschland rückläufig, Auslandsnachfrage steigt
Die Bestellungen aus Deutschland beliefen sich im Jahr 2024 auf sechs Milliarden Euro nach 9,6 Milliarden Euro im Vorjahr. Schwerpunkte waren Anlagen zur Energieerzeugung und zur CO2-freien Stahlproduktion. Hinzu kamen Systeme zur Stromübertragung und -verteilung, die zusammen 85 Prozent der Aufträge aus Deutschland ausmachten. Der Auftragseingang aus dem Ausland stieg um 26 Prozent auf 19 Milliarden Euro. Vor allem in Westeuropa und Nordamerika waren die VDMA-Großanlagenbauer erfolgreich. Mit Bestellungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro waren die USA der weltweit wichtigste Absatzmarkt. Hohe Zuwächse gab es auch im Mittleren Osten und in Afrika, während die Nachfrage in China auf den niedrigsten Stand seit Jahren fiel. Nowicki betont: „Diese Zahlen unterstreichen die hohe Bedeutung der Märkte in den Industrieländern. Nirgendwo sonst sind Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit so zentral und bieten dem Großanlagenbau damit Chancen für Wachstum und Innovationen.“
Großanlagenbau steigert Wettbewerbsfähigkeit durch KI
Die Unternehmen im Großanlagenbau konnten 2024 ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Durch Modularisierung, Standardisierung und verbessertes Projekt- und Risikomanagement wurden Projektlaufzeiten verkürzt und Kosten gesenkt. Künstliche Intelligenz ist ein weiterer wichtiger Faktor. Neben der Anlagenprogrammierung wird KI mittlerweile auch in den Bereichen Service, Engineering und Einkauf erfolgreich eingesetzt. Allerdings schränken inkonsistente Daten die Leistungsfähigkeit von KI-Modellen häufig noch ein. „Die Entwicklung ist sehr dynamisch. Mit zuverlässigen Datenstrategien und klaren Managementvorgaben könnten schon bald bedeutende Durchbrüche beim Einsatz von KI im Anlagenbau erfolgen“, erläutert Nowicki.
Ausblick: Chancen und Herausforderungen im Großanlagenbau
Der VDMA Großanlagenbau blickt optimistisch in die Zukunft, schließlich leistet die Branche als Schlüsselakteur der globalen Transformation einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Trotz geopolitischer Spannungen, hoher Regulierungsdichte und Cyber-Risiken rechnet die Mehrheit der AGAB-Mitglieder für das laufende Jahr mit stabilen bis steigenden Auftragseingängen und Umsätzen. Vor allem in Nord- und Südamerika, im Mittleren Osten und in Indien könnte die Projektaktivität zunehmen. „Der VDMA-Großanlagenbau hat seine Hausaufgaben gemacht und sich krisenfest aufgestellt. Jetzt braucht es dringend einen verlässlichen Rahmen mit klaren Perspektiven für das weltweite Projektgeschäft, damit unsere Mitglieder das riesige Marktpotenzial beim Umbau von Energieerzeugung und Industrie erfolgreich nutzen können“, lautet das Fazit des AGAB-Vorsitzenden.